Mit Maria Fliri, Ingrid Lang; Peter Bocek, Martin Schwanda
Regie: Barbara Herold · Ausstattung: Ursula N. Müller · Bildanimation: Marc Altmann
Österreichische Erstaufführung am 12. Oktober 2010
Co-Produktion mit dem KosmosTheater Wien
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Mitten im Überfluss verkümmern die Seelen. In der beschleunigten globalisierten Welt versuchen die Menschen ihre innere Leere mit einer Dynamisierung des Alltags zu überwinden. Katja Hensel erforscht die Defizite, indem sie Parallelen zu sichtbaren Phänomenen herstellt, zu "schrumpfenden Städten", städtebaulichen Fehlentwicklungen und anderen Auswüchsen unserer wachstumsgäubigen Gesellschaft.
Der Journalist Robert leidet unter zu engen Hemden und interessiert sich nur noch für urbane Wüsten. Seine Frau Anka entdeckt das Entrümpeln und die Nächstenliebe, die sie mit dem weißrussischen Gaststudenten Igor auslebt. Hans-Maria fürchtet die Frauen und muss dafür büßen. Klaas darf Robert als Augenarzt nicht helfen und wäscht ihm als Bruder den Kopf. Vivis Leben reduziert sich auf die Theke eines Fitnesspalastes, in dem Robert seinen Bauch schrumpfen lassen will. Das Ehepaar Montag tauscht eine leer stehende Hochhaussiedlung mit der Einsamkeit einer Shopping Mall. Und die werdende Mutter Daniele trifft ihre Entscheidung für sich allein. Mit messerscharfem Verstand, großartigem Humor und Sprachwitz bearbeitet die Autorin das Dilemma unserer Gesellschaft, das entsteht, wenn vor lauter Überflutung und Geschwindigkeit das Wesentliche verloren geht.
Robert: "Die Speckgürtel wachsen, die Farbe schwindet, die Fassade bröckelt. Jeder wünscht sich ein brodelndes Zentrum, doch da pfeift nur ein kalter Wind. Sieh aus dem Fenster, die Belebung der Mitte ist schon lange gescheitert. Solltest du dich spiegeln, macht es das Bild nicht vitaler."
Megacities sind bekannter, aber es gibt auch immer mehr schrumpfende Städte, urbane Räume, die in demographischer wie ökonomischer Hinsicht an den Folgen von Deindustrialisierung, Suburbanisierung oder Postsozialismus leiden. Sichtbar wird dies durch verwahrloste, leer stehende Wohnviertel, abbruchreife Industrieruinen, verlassene Innenstädte. Wenn das Phänomen Schrumpfung auch die Menschen ergreift, entstehen innere Leere, Einsamkeit und Trostlosigkeit. Verkümmerte Seelen, die auf der Suche sind, aber nicht mehr die geringste Ahnung haben, wonach. Oft sind schrumpfende Städte aber auch der Ausgangspunkt für kulturelle Innovationen, für Neuentwicklungen in Populär- und Hochkultur und leisten dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Neudefinition von Identitäten und für die Konzeption von Handlungsmodellen. Auch Robert startet einen Prozess, er begreift, was um ihn herum vorgeht, was ihm fehlt und beginnt sich zu wehren. Er sucht sein Glück in der eigenen Schrumpfung und macht sich voller missionarischem Elan daran, die Öde wieder zu beleben, die Menschen zu bekehren. Dass dabei nicht alles nach Plan läuft und er Überraschungen und Niederlagen erlebt, liegt auf der Hand. Schließlich entscheidet er sich fürs Leben auf dem Land, um endlich richtig anfangen zu können.
Robert: "Jeden Tag wird ein Stück Geschichte eliminiert, die Menschen fliehen aus ihren sterbenden Dörfern, elenden Städten, die Gebäude gähnen ihren Tod ein und aus, und wir schauen zu, aber nicht hin, weil wir nicht wissen, wie wir es aufhalten. Ich will jetzt hinschauen, genau hinschauen, Konzepte entwickeln, die Orte kreativ neu durchbluten, dafür brauche ich den Durchblick, Klaas!"
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