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COVERGIRL

Wie Lynndie England dazu kam, das böse Amerika zu verkörpern

Mit Maria Fliri · Text und Regie: Barbara Herold · Kostüm: Ursula N. Müller
Uraufführung am 24. Juni 2008, Vorarlberger Landestheater, Kleines Haus

Bilder Video Presse Termine

Maria Fliri

Im Frühjahr 2004 gingen die Fotos der Folterer aus dem irakischen Militärgefängnis von Abu Ghraib um die Welt. Darauf zu sehen sind irakische Häftlinge, wie sie gedemütigt, gequält, zu sexuellen Handlungen genötigt werden. Darauf zu sehen sind auch die Täter, amerikanische Soldaten der Militärpolizei, die lachend in die Kamera schauen, als handle es sich um Souvenirfotos.

Lynndie England ist das weltweit bekannteste Gesicht auf den Fotos, wohl auch weil sie mit knapp 21 Jahren die jüngste Soldatin unter den Tätern war. Ihre Fotos sind Geschichte geworden: Lynndie mit einem Häftling an der Hundeleine, Lynndie grinsend hinter einer Pyramide nackter Männer, Lynndie auf einen masturbierenden Gefangenen deutend. Lynndie England, Mutter eines Sohnes, wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt, die sie 2005 antrat.

Der Text versucht Antworten auf Fragen zu geben, die im Zusammenhang mit der Person Lynndie England auftauchen. Auf Grund intensiver Recherchen zeichnet er auch ein klareres Bild, wie man sich die Vorgänge in Abu Ghraib vorzustellen hat. Das vorrangige Ziel des Projektes ist aber, die Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit zu formulieren, welche die Bilder und die Geschichte der jungen Soldatin auslösen.

"Erzählen Sie uns, wie war das, als Sie in den Irak kamen?"
"Heiß. Kalt. Staubig, Schmutzig. Gestank, unerträglicher Gestank, immer, auch nachts. Laut. Angst. Nervös. Langweilig. Kopfweh. Durchfall, Ausschlag. Hühnerfarm. Hilla Hühnerfarm. Ein Camp, 58 Meilen von Bagdad, wo neue irakische Polizisten ausgebildet wurden. Da kamen wir zuerst hin. Unser Quartier war eine aufgelassene Fabrik, eine riesige Halle so wie ein Hangar, brütend heiß und voller Vogelscheiße. Und wir hatten nichts zu tun."

Diese Bilder werden den Krieg entscheiden, hieß es damals. Diese Bilder beweisen, was der ganz normale Krieg aus ganz normalen Menschen macht: aus Männern und auch aus Frauen.

Das Theaterstück erzählt auf makabre, aber behutsame Weise aus dem Leben der jungen amerikanischen Soldatin, die durch die Fotos vom Folterskandal in Abu Ghraib auf grausame Weise weltberühmt wurde. Es bewegt sich zwischen Dokumentation und Fiktion, zwischen innerem Monolog und Kabarett. Es versucht Antworten auf die Fragen rund um die Vorkommnisse von Abu Ghraib zu geben, ohne anzuklagen oder zu rechtfertigen. Es formuliert auf krude und absurde Weise die Fassungslosigkeit, welche die Bilder und die Geschichte der jungen Soldatin 2004 ausgelöst haben.

Es gibt keine realistische Grundsituation, sondern die Schauspielerin ist eine "öffentliche Frau auf einem öffentlichen Sofa in einem öffentlichen Raum - ein Ausstellungsstück - zur Besichtigung freigegeben". Typisch amerikanische Elemente werden auf kabarettistisch-groteske Weise und als szenisch gespielte Filmzitate in der Inszenierung berücksichtigt. Zum Einsatz kommen außerdem Musik, Licht und Projektionen.



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